deutscher Bauernkrieg

deutscher Bauernkrieg
deutscher Bauernkrieg
 
Schon seit Jahrzehnten war es im Südwesten des Reiches wiederholt zu lokalen und regionalen Bauernaufständen und -unruhen gekommen (Bundschuh, Armer Konrad). Im Jahr 1525 erstreckte sich das Aufstandsgebiet von Tirol bis Thüringen, vom Elsass bis Franken und Salzburg. Der Aufstand des »gemeinen Mannes« (der Bauern, der Bürger landsässiger Städte, der in den Räten der Reichsstädte nicht vertretenen Schichten und der Bergknappen) begann 1524 in der Landgrafschaft Stühlingen im Hegau und breitete sich rasch in den umliegenden Regionen aus: am Bodensee, an der oberen Donau, im Breisgau und im Allgäu. Hier bildeten sich drei große Bauernhaufen, die sich auf einem Bauernlandtag 1525 zur »Christlichen Vereinigung« zusammenschlossen. Von großer Bedeutung für die weitere Ausdehnung der Bewegung war die Formulierung und Verbreitung der »Zwölf Artikel« der schwäbischen Bauern. Ihr Verfasser war der bibelkundige Kürschnergeselle Sebastian Lotzer aus Memmingen, dem der dortige Zwinglianische Prediger Christoph Schappeler zur Seite stand.
 
Diese »Zwölf Artikel« wurden zur Programmschrift des gesamten Bauernkrieges. In ihnen wurde eine weitgehende Autonomie der Gemeinde verlangt. Die Bauern wollten ihren Pfarrer selbst wählen, den Großen Zehnt zu dessen Besoldung selbst einziehen. Aus dieser Abgabe sollten auch weitere Aufgaben der Gemeinde bestritten werden. Neben der Aufhebung der Leibeigenschaft (und der damit verbundenen Todfallabgabe) forderten die Bauern den freien Fischfang und die freie Jagd, die Rückerstattung des Gemeindelandes (Allmende). Auch wandten sie sich gegen belastende Neuerungen bei den Abgaben und Diensten und in der Justiz. Die »Zwölf Artikel« stellten einen Grundkonsens zwischen den Bauern her, ohne dass es zu einem Zusammenschluss der Bewegungen im gesamten Aufstandsgebiet kam.
 
Einige Adelige schlossen sich zwar den Bauern an (Florian Geyer, Götz von Berlichingen), die politischen Ziele bestanden aber - bei aller Unschärfe - in der Errichtung eines christlichen (reformatorischen), bäuerlichen Gemeinwesens, in dem die Unterschiede der Stände aufgehoben sein sollten. So wurden in großer Zahl Klöster und Burgen zerstört, der Adel zur Teilnahme an den Erhebungen aufgefordert (allerdings sollte er sich zu Fuß in die Bauernhaufen einreihen). Teilweise blieb die Autorität der Landesherren unbestritten, zumindest aber die des Kaisers. Da die Fluktuation innerhalb der Bauernhaufen recht groß war, kann man von einem sehr hohen Grad der Mobilisierung der Bevölkerung ausgehen (in Württemberg und Baden etwa zwei Drittel der Waffenfähigen).
 
Zu einer Radikalisierung kam es in Thüringen unter dem Einfluss von Thomas Müntzer, der als chiliastischer Theologe mithilfe der aufständischen Bauern, Bürger und Bergknappen das Gottesreich auf Erden errichten wollte, das der Wiederkunft Christi vorausgehen sollte. Wie die Utopie einer bäuerlichen Gesellschaft und Staatsordnung beschaffen war, ist in der Tiroler Landesordnung des Michael Gaismair (1526) enthalten. Im Süden schlug der Schwäbische Bund unter der Führung des Truchsessen Georg von Waldburg die einzelnen Baueraufstände blutig nieder. Die Elsässer Bauern wurden vom Heer des Lothringer Herzogs bei Zabern niedergemetzelt, die Thüringer wurden in der Schlacht von Frankenhausen besiegt. Der Niederlage folgte ein blutiges Strafgericht.
 
Die Bauern wurden durch diese traumatisch wirkende Niederlage zwar nicht zum Schweigen gebracht, es kam aber nicht mehr zu vergleichsweise großen, territoriale Grenzen übergreifenden Aufständen. Die Bauern und Herren bedienten sich in der folgenden Zeit in zunehmendem Maße rechtlicher Mittel für ihre Auseinandersetzungen.

Universal-Lexikon. 2012.

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